Nachbericht zur Podiumsdiskussion über Energie

Von Politik, Energieversorgung und Streithähnen in Bäretswil

An einem Podium über die Herausforderungen in der Energieversorgung waren sich alle einig, dass Handlungsbedarf besteht. Die Meinungen über die Art und Weise der Strombeschaffung waren aber kontrovers.

 

Einigkeit sieht anders aus. Mit Blick auf die Abstimmungsvorlage zum Energie- und Stromversorgungsgesetz, über welches am 9. Juni zu befinden ist, lud die FDP Bäretswil am Mittwochabend zu einem Informationsanlass ein. Dabei fanden die 70 Interessierten im Publikum sich nicht nur zu einer kontradiktorischen Betrachtung in der Aula des Schulhauses Letten in Bäretswil ein, sondern auch zu einer Zankerei über die Stromversorgung.

 

Drei Politiker, zwei Fachexperten – und zwei Streithähne
Die Moderation des Anlasses oblag Michael Kaspar, dem Chefredaktor der Zürcher Oberland Medien AG. Er war bisweilen gefordert, die beiden Streithähne Thomas Forrer (Erlenbach, Grüne) und Paul von Euw (Bauma, SVP) zu zähmen. Die beiden Kantonsräte zankten sich nämlich regelmässig, auch ohne das Wort zu haben, was den Unterhaltungswert der Veranstaltung steigerte.

Alternative Energien spalten nun mal Meinungen in zwei. Die Energiethematik sei auch in der Behördenarbeit ein Dauerthema, erklärte Barbara Schoch Gübeli (FDP), Ressortleiterin Hochbau, Planung und Energie. Dass alternative Energien wie etwa Windräder polarisierten, sei gegeben.

Thomas Leu, Vorstandsmitglied der FDP Bäretswil, stimmte das Publikum mit vielen Zahlen und Diagrammen auf das Thema ein. Um dann zum Fazit zu kommen, dass die bevorstehende Volksabstimmung vor allem eines wolle: die Unabhängigkeit des Landes in der Energieversorgung.

Ebenfalls auf dem Podium zugegen: der in Gossau aufgewachsene FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt, Daniel Bucher in seiner Funktion als Leiter Netze bei den Elektrizitätswerken des Kantons Zürich (EKZ) und Urs Giger, Fachexperte beim Thema Windenergie.

 

Kein Windenergiepodium
Obwohl Gesprächsleiter Michael Kaspar anfangs klarstellte, dass es sich an diesem Abend nicht um ein spezifisches Windenergiepodium handle, konnte er nicht ganz verhindern, dass im Diskussionsteil ein Votant den Anlass dennoch als Bühne für eine umfassende Auslegeordnung zum Thema Windenergie nutzen wollte.

Die Sichtweisen der Gesprächsteilnehmenden über die Energieversorgung hierzulande mussten nicht weiter vertieft werden. Den politischen Mandatsträgern ist, wie den Fachleuten, längst klar, dass der Versorgungsweg so schnell wie möglich weg von den fossilen Energieträgern führen muss.

Doch welches ist der «richtige» Weg, um die Schweiz in der Energiebeschaffung unabhängig zu machen? Paul von Euw outete sich als einziger Gegner der Vorlage in der Runde. «Wir benötigen eine umweltfreundliche, aber auch umsetzbare Energiepolitik. Das Stromgesetz führt an diesem Ziel vorbei», monierte er. Er erachtet eine seriöse Güterabwägung als zentral bei Investitionen in Anlagen für die Bereitstellung alternativer Energieträger. Die Versorgungssicherheit sieht von Euw als oberstes Gebot.

 

«Konsequentes Stromgesetz»
Das neue Stromgesetz würdigte Nationalrat Silberschmidt als «konsequent». Die Bevölkerung habe sich für einen Wechsel in der Energiebeschaffung, also für den Ausstieg aus den fossilen Energieträgern, entschieden. Die Herausforderung sei, mehr Strom zu produzieren.

Eine künftige Verteuerung des Stroms konnte EKZ-Mann Daniel Bucher nicht verneinen. Es gelte, in neue Produktionsanlagen und Trafostationen zu investieren, zudem werde der Netzausbau kostspielig. Er übte Kritik an der Politik. Die Bewilligungsverfahren für die Installation von Photovoltaikanlagen würden viel zu lange dauern, da gelte es, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.

Für Thomas Forrer ist es alternativlos, das Stromversorgungsgesetz anzunehmen, denn es stehe nichts anderes als die Energiewende und die Unabhängigkeit in der Stromversorgung auf dem Spiel. Die Grünen würden sich für Lösungen engagieren, die verträglich seien, selbst dann, wenn es punktuelle Eingriffe in der Landschaft geben könnte.

 

Wasserkraft und Wind haben Potenzial
Silberschmidt erinnerte daran, dass bei einer Strommangellage die Restwassermenge bei Wasserkraftwerken genutzt werden könne. Zudem seien 16 konkrete Projekte im Bereich der Nutzung von Wasserenergie ausgewiesen. Er plädierte dafür, auch die Diskussion, ob die Schweiz allenfalls einen Ersatz der bestehenden AKWs benötige, zuzulassen.

Auch Paul von Euw glaubt, dass das Thema Atomenergie wieder aufgenommen werden muss. Zahlreiche Länder in Europa hätten sich bereits diesem Weg verschrieben.

«Bei der Energiebeschaffung geht es auch darum, Innovation zu fördern», betonte Urs Giger, Fachmann für Windenergie. Aufgrund seiner Erfahrungen mit Windkraftwerken im Raum Andermatt/Gotthard sei mittlerweile klar, dass auch Windturbinen eine gewisse Entwicklungszeit benötigen würden, um wirklich effizient Windenergie zu nutzen.

Doch wieso habe es die Windkrafttechnologie derart schwer, um sich durchzusetzen, wollte Moderator Kaspar wissen. Giger glaubt, dass oft die Fakten verzerrt würden. «Solar- und Windenergie könnten sich bezüglich der Produktionszeiten ausgezeichnet ergänzen», betonte er. Die heutige Technologie ermögliche es, Wind besser «zu ernten».

Die Fachexperten versicherten einigen besorgten Anwesenden, dass der Bau von Windkraftanlagen nicht einfach vom Kanton angeordnet werden könne. Es müssten mehrere Prozesse durchgespielt werden.

 

(Beitrag aus dem ZO vom 16.05.)